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Weitere Betroffene

LSBTIQ

Gewalt in Partnerschaften findet auch in nicht-heterosexuellen Beziehungen mit ähnlichen Macht- und Kontrolldynamiken wie in heterosexuellen Beziehungen statt.

Speziell bei gleichgeschlechtlichen Beziehungen kann das Erkennen aber dadurch erschwert sein, dass es kein dominierendes Geschlecht in der jeweiligen Beziehung gibt. Dadurch kann sowohl die Wahrnehmung, als auch die Dimension der Gewalt verzerrt werden. Weiterlesen

Darüber hinaus können erlebte gesellschaftliche Ausgrenzungen und Diskriminierungen speziell bei nicht-heterosexuellen und /oder nicht-binären Personen zu negativen Emotionen auch innerhalb ihrer Partnerschaften führen, sodass die Betroffenen doppeltes Leid erfahren.

Durch die Verinnerlichung des vermeintlichen Stigmas einer nicht-heterosexuellen Orientierung und /oder einer nicht-binären Geschlechtsidentität, teilweise ergänzt durch die Erfahrung gesellschaftlicher Ausgrenzungen und Diskriminierungen bis hin zu physischen Übergriffen, kann es den Betroffenen von Gewalt in nicht-heterosexuellen Partnerschaften zum einen erschwert sein, sich selbst als solche zu erkennen und zum anderen, sich beispielsweise vor Strafverfolgungsbehörden zu ihrem Opfer-Sein zu bekennen.

Gewalt innerhalb nicht-heterosexueller Beziehungen ist wissenschaftlich bislang wenig erforscht und Präventions- sowie Aufklärungsangebote sind kaum vorhanden.


Frauen mit Migrationsbiografie

Patriarchale Denkmuster, also die Annahme, dass Männer dominieren und gesellschaftlich über der Frau stehen, sind, in unterschiedlicher Ausprägung, ein globales Problem – auch in Deutschland. Zusammen mit toxischer Männlichkeit als Extremform des Patriarchats sind sie wichtige Faktoren und Ursachen für Gewalt in Partnerschaften – unabhängig von der Herkunft der Täter.

Es ist wichtig zu betonen, dass Gewalt niemals durch kulturelle Unterschiede erklärt werden kann. Vielmehr bedeutet Gewalt in allen Gesellschaften Gewalt – sie ist kein Bestandteil der jeweiligen Kultur! Insbesondere Frauen und Mädchen, die in patriarchalen Gesellschaften leben, können Schwierigkeiten haben, selbst erlebte Gewalt als solche zu erkennen oder wahrzunehmen, dass sie Opfer geworden sind, wenn die Rolle des Mannes vermeintlich höherwertiger zu sein scheint. Weiterlesen

Bei in Deutschland von Gewalt betroffenen Frauen mit Migrationsbiografie kann eine besondere Problematik in der Sprachbarriere bestehen. Zudem kommt auch eine Unsicherheit in Bezug auf das deutsche Rechtssystem hinzu. Manche Frauen haben kein Vertrauen in Institutionen und/oder haben bereits negative Erfahrungen mit Behörden gemacht und trauen sich nicht, eine Anzeige zu erstatten. Auch können Ängste bestehen, auf Grund der Herkunft und der erlebten Gewalt in der Partnerschaft stigmatisiert zu werden. Die kann ein Hindernis darstellen, sich Institutionen gegenüber zu öffnen.

Teilweise erschweren auch Ängste über den eigenen Rechts- und /oder Aufenthaltsstatus die Suche nach Hilfe. Speziell die Frage des Aufenthaltsstatus kann dazu führen, dass Frauen glauben, von ihrem Partner abhängig zu sein. Wenn zusätzlich mangelndes Sprachverständnis dazukommt, fehlt oft die Möglichkeit, sich über den eigenen Aufenthaltsstatus zu informieren. Somit ist es entscheidend, eine mögliche soziale Isolation zu durchbrechen und Informations- und Hilfszugänge niedrigschwellig und bestenfalls barrierefrei (ohne fremde Hilfe), zu ermöglichen.


Frauen in arrangierten Ehen und in sog. Zwangsehen

Frauen in arrangieren Ehen, insbesondere in solchen, die durch Zwang geschlossen wurden, können bei Gewalt in ihrer Beziehung durch Druck und Erwartungen aus ihrem Umfeld und /oder aus ihren Familien daran gehindert werden, Hilfe zu bekommen. Möglicherweise kann ihre Handlungs- und /oder Bewegungsfreiheit allgemein eingeschränkt sein. In arrangierten Ehen kann die Rolle der Familie besonders starken Einfluss haben. Insbesondere in durch Zwang geschlossenen Ehen kann sogar von negativem Einfluss ausgegangen werden. Weiterlesen

Darüber hinaus können auch Opfer extreme patriarchale Denkmuster einer vermeintlichen Geringwertigkeit gegenüber Männern verinnerlicht haben. Die Offenbarung, Opfer von Gewalt zu sein, das Schweigen zu brechen und sich Hilfe zu suchen kann durch die Angst vor Stigmatisierung und sozialen bzw. familiären Konsequenzen, bis hin zur Angst um das eigene Leben, die Suche nach Hilfe nachhaltig einschränken.

Wirtschaftliche Abhängigkeit und vermeintlich fehlende Unterstützungsinstitutionen können weitere Faktoren sein, die die Beendigung der Beziehung verhindern. Wichtig ist das Empowerment dafür, eine möglicherweise durch Zwang geschlossene Ehe und auch Gewalt als solche zu erkennen und sich des Opfer-Seins bewusst zu werden.


Männer als Betroffene von Partnerschaftsgewalt

In der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) waren ein Fünftel der im Jahr 2022 insgesamt erfassten Opfer (157.818) von Gewalt in Partnerschaften Männer. Auch internationale und nationale Studien legen nahe, dass Männer in relevanten Größenordnungen von partnerschaftlicher Gewalt betroffen sind. Dennoch besteht gerade in Deutschland ein Bedarf an empirischen Untersuchungen, die das Phänomen quantifizieren, Risiko- sowie Schutzfaktoren bestimmen und Hilfebedarfe bzw. Erfahrungen betroffener Männer beschreiben.

Vor diesem Hintergrund führte das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen e.V. (KFN) vom 01.01.2022 bis zum 30.06.2023 das Projekt „Gewalt gegen Männer in Partnerschaften – Von der Scham zur Hilfe“ durch, das maßgeblich von der WEISSER RING Stiftung gefördert wurde. Im Rahmen der Studie wurden in einer Onlinebefragung, die eine deutschlandweite Repräsentativität anstrebte, 12.000 Männer im Alter von 18-69 Jahren kontaktiert, von denen 1.209 an der Befragung teilnahmen. Außerdem wurden 16 teilstrukturierte Interviews mit männlichen Be-troffenen geführt, die in einer aktuellen oder ehemaligen Partnerschaft Gewalt erfahren haben. Weiterlesen

Die Onlinebefragung ergab, dass 54 % der befragten Männer in ihrem Leben schon einmal min-destens eine der abgefragten Gewaltformen erlebt haben. Am häufigsten wurden psychische Gewalt (39,8 %) und Kontrollverhalten (38,6 %) berichtet, gefolgt von körperlicher Gewalt (29,8 %). Digitale Gewalt erlebten 6,5 % der Befragten, sexuelle Gewalt 5,4 %. Da keine eindeutigen Zusammenhänge mit Bildung, Verdienst oder weiteren soziodemographischen Daten nachgewiesen wurden, liegt nahe, dass es kein typisches männliches Opfer von Partnerschaftsgewalt gibt.

Die Ergebnisse veranschaulichen zudem, dass die größte Gruppe der Befragten sowohl Täter als auch Opfer war und es somit in vielen Fällen schwierig ist, eine klare Täter-Opfer-Konstellation auszumachen.

Die Interviews zeigten, dass viele der Interviewpartner Schwierigkeiten hatten, sich selbst als Opfer von Gewalt wahrzunehmen. Die interviewten Betroffenen betonen daher die Notwendigkeit eines größeren gesellschaftlichen Bewusstseins, dass auch Männer Opfer von Partnerschaftsgewalt sein können. So könnten Betroffene ermutigt werden, über ihre Erfahrungen zu sprechen und sich frühzeitig an Hilfsangebote zu wenden. Die Interviewpartner plädieren außerdem stärker sensibilisierte Akteure und insbesondere mehr Hilfsangebote, die sich explizit an Männer als Betroffene richten. Zuletzt ist auch ein breiteres Verständnis von Gewalt von Nöten, das über ein strafrechtliches Verhalten hinausgeht, denn auch psychische Gewalt oder Kontrollverhalten können schwerwiegende Folgen für die Betroffenen haben.

Beim Kampf gegen Partnerschaftsgewalt dürfen dennoch nicht beide Geschlechter gegeneinander ausgespielt werden. Das bedeutet, dass auch die Gewalt von Männern gegenüber Frauen weiterhin angemessen problematisiert und mit Maßnahmen angegangen werden muss. Es benötigt daher Strategien gegen Partnerschaftsgewalt jeder Art, ohne die geschlechtsspezifischen Unterschiede außer Acht zu lassen.

Geschlechterrollen

Nicht zuletzt seit Inkrafttreten des neugeregelten Selbstbestimmungsgesetzes werden die sozialen Geschlechterrollen medial und gesellschaftlich diskutiert. Doch was genau ist unter Geschlechterrollen zu verstehen?

Geschlechterrollen sind konstruiert und beruhen auf sozialen Normen und Erwartungen, die Menschen aufgrund ihres Geschlechts zugeschrieben werden. Geschlechterrollen legen fest, wie sich Männer und Frauen in der Gesellschaft verhalten und welche Aufgaben sie übernehmen sollten. Jedoch sind Geschlechterrollen nicht universell, sondern variieren im Laufe der Zeit und zwischen verschiedenen Kulturen.

Während beispielsweise in Deutschland in den 1960er-Jahren Frauen die Rolle der Hausfrau (Kindererziehung, Putzen und Kochen) übernommen haben, galten Männer als die Ernährer der Familie. Jedoch hat sich seitdem einiges geändert: Immer mehr Frauen gehen einer Erwerbstätigkeit nach. Auch die Care-Arbeit (für Kinder oder Familienangehörige) wird zwischen Müttern und Vätern anders als früher aufgeteilt. Weiterlesen

Dennoch sind in vielen Gesellschaften (auch in Deutschland) Geschlechterrollen weiterhin mit Ungleichheiten verbunden: Beispielsweise befinden sich Frauen häufiger in schlechter gestellten Positionen als Männer. Dies gilt beispielsweise für ihre wirtschaftlichen Möglichkeiten (z.B. Gender-Pay-Gap) als auch in Bezug auf ihre politische Teilhabe (z.B. sind Frauen in politischen Entscheidungsgremien häufig unterrepräsentiert). Aber auch Gewalt gegen Frauen, insbesondere in (Ex-)Partnerschaften, ist häufig auf traditionelle Geschlechterrollen zurückzuführen.

Zudem zeigt sich in den sozialen Medien das beunruhigende Phänomen der toxischen Männlichkeit. Männer (z.B. Andrew Tate) posten Videos, in denen sie frauenverachtenden Content, sowie extreme Vorstellungen von Männlichkeit (hierzu zählt Aggressivität, Dominanz, die Unterdrückung von Emotionen sowie die Abwertung von Frauen) verbreiten. Ihre Videos sind meist eine Antwort auf den anscheinenden Verfall des Patriarchats.

Wie sich das Rollenverständnis von Frau und Mann entwickeln wird, ist ungewiss. Jedoch ist anzunehmen, dass sich Geschlechterrollen in Richtung einer größeren Gleichstellung entwickeln werden. So nimmt beispielsweise der Anteil an Frauen in Führungspositionen zu und es existieren zahlreiche Initiativen für Gleichberechtigung.

Wichtig ist es, eine Gesellschaft zu schaffen, in der Rollenklischees abgebaut werden und alle Menschen unabhängig von ihrem Geschlecht, die gleichen Chancen haben. Dies kann durch Aufklärung und Sensibilisierung vorangetrieben werden.

Victim Blaming

„Wenn du so einen kurzen Rock anziehst, brauchst du dich nicht zu wundern!“ Solche oder ähnliche Sätze haben wir alle schon einmal gehört oder vielleicht sogar einmal selbst gedacht. Dieser Satz ist der Inbegriff des Phänomens „Victim Blaming“.

Beim Victim Blaming, auch als „Täter-Opfer-Umkehr“ bekannt, werden Opfer von Straftaten oder anderen schädlichen Handlungen für ihre eigene Opferwerdung verantwortlich gemacht. Victim Blaming kann sowohl durch direkte Äußerungen, als auch durch subtile Botschaften oder Handlungen erfolgen. Diese Rollenumkehr wird meist durch Dritte oder fremde Personen, die der betroffenen Person nicht nahestehen, angewendet. Doch selbst Freunde oder Familienangehörige können, möglicherweise aus Unachtsamkeit, Victim Blaming ausüben. Weiterlesen

Insbesondere im Bereich der sexualisierten Gewalt (z.B. Catcalling, sexuelle Belästigung oder Vergewaltigung) und auch im Kontext von (Ex-)Partnerschaftsgewalt sind Betroffene immer wieder mit Victim Blaming konfrontiert. Beispielhafte Äußerungen, die Betroffene häufig hören, sind: „Warum hast du dich nicht gewehrt?“ oder „Du hättest dich früher trennen sollen.“

Victim Blaming kann schwerwiegende negative Auswirkungen auf die Verarbeitung der erlebten Tat, also auf die „Heilung“ der betroffenen Person haben. Zudem können Gefühle wie Selbstbeschuldigung, Scham, Angst, Selbstmordgedanken verstärkt und mentale Krankheiten, wie posttraumatische Belastungsstörungen oder Depressionen, begünstigt werden. Es kann auch dazu führen, dass Betroffene eher keine Anzeige aufgeben oder seltener Unterstützung in Anspruch nehmen.

Es ist daher wichtig, dass Victim Blaming als gesamtgesellschaftliches Problem thematisiert und niedrigschwellige Unterstützungsmöglichkeiten angeboten werden.


Sicherheit für Frauen

Sicherheitsplan für Frauen

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Zahlen

Die Polizei führt diverse Statistiken und hat unterschiedlichste Informationen über Kriminalität. Auch Gewalterfahrungen in Partnerschaften werden dabei erfasst. Eine der wichtigsten Quellen in diesem Zusammenhang stellt die Polizeiliche Kriminalstatistik – kurz PKS – dar. Für eine weitere tiefergehende Betrachtung werden zusätzlich Ergebnisse der „Befragung zu Sicherheit und Kriminalität“ genutzt.

Die PKS beschreibt dabei das sogenannte Hellfeld der Kriminalität. Das sind bis auf wenige Ausnahmen alle Straftaten, die der Polizei über Anzeigen zur Kenntnis gelangen. Sie gibt wieder, welchen Erkenntnisstand die Polizei am Ende ihrer Ermittlungen hat. Die PKS wird seit Jahren nach einheitlichen Standards geführt und erlaubt so langfristige Vergleiche zu Tat-, Tatverdächtigen- und Opfermerkmalen.

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Dagegen bildet die „Befragung zu Sicherheit und Kriminalität“ die Sicht der Bevölkerung ab. Regelmäßig werden seit 2013 jeweils 40.000 Personen ab 16 Jahren in Niedersachsen zu verschiedenen Aspekten des individuellen Kriminalitätserlebens befragt. Neben regelmäßig abgefragten Themen wie Sicherheitsgefühl, Opferwerdung inklusive Dunkelfeld (also der Polizei nicht angezeigte und mithin unbekannte Straftaten) oder Bewertung der Polizei und ihrer Arbeit wird immer auch ein Thema in den Fokus gerückt, das zum Zeitpunkt der Befragung polizeilich Relevanz hat. Vor dem Hintergrund der COVID-19-Pandemie war dies in der letzten Befragung 2021 das Thema „Gewalt in (ehemaligen) Partnerschaften“. Beide Quellen zusammen – die PKS und die „Befragung zu Sicherheit und Kriminalität“ aus dem Jahr 2021 – ergeben somit ein umfangreiches Bild des Phänomens „Gewalt in (Ex-)Partnerschaften“.


Hellfeld

Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) Niedersachsen


Dunkelfeld

Befragung zu Sicherheit und Kriminalität

In der Befragung zu Sicherheit und Kriminalität sollten die Befragten für insgesamt 19 verschiedene Taten angeben, ob sie diese im Jahr 2020 in einer (ehemaligen) Partnerschaft erlebt haben. Die abgefragten Taten umfassen dabei psychische Gewalt, körperliche Gewalt, sexualisierte Gewalt und Stalking – also das unerwünschte Kontaktieren oder Aufsuchen.