Gedanken Betroffener


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Ängste und Sorgen von Jugendlichen

Die Entscheidung für eine Trennung kann mit vielfältigen Ängsten und Sorgen verbunden und nicht leicht sein – vor allem dann, wenn in der Beziehung physische und/oder psychische Gewalt erlebt wurde. Oft wissen Betroffene ganz klar, dass Gewalt nicht richtig ist und ihnen die Partnerschaft nicht guttut. In diesen Momenten können ihnen jedoch verschiedene Gedanken durch den Kopf gehen:


Wenn ich mich trenne, …

…finde ich je wieder einen Freund / eine Freundin?

…werde ich mich alleine fühlen?

Angst vor Einsamkeit

Im Jugend- und Heranwachsendenalter haben positive Beziehungen mit Gleichaltrigen und Paarbeziehungen einen hohen Stellenwert. Mit der Trennung fällt etwas weg – allein schon durch die Zeit, die miteinander verbracht wurde. Auch emotionale Aspekte, wie z. B. das Gefühl mit jemandem verbunden zu sein und Vertrautes zu teilen, spielen hier eine Rolle. Weiterlesen

Wenn der Trennungswunsch da ist, kann sich die Vorstellung allein zu sein, nicht gut anfühlen. Dies kann dadurch verstärkt werden, dass das Selbstwertgefühl durch das gewaltvolle Verhalten des Partners / der Partnerin angegriffen sein kann. Auch die Zuversicht die Trennung bewältigen und eine neue Partnerschaft zu finden, kann eingeschränkt sein. Möglich ist auch, dass mit der Trennung ein Kontaktabbruch zu anderen, bislang relevanten Menschen droht (Freundeskreis des Partners/ der Partnerin).
Es hilft, wenn andere jetzt da sind, wenn Familie und Freunde/Freundinnen die Lücke füllen können und mit Fragen oder Gedanken unterstützen wie: „Was ist auf Dauer wichtig für dich?“, „Du bist dir die Trennung wert und du kannst stark sein!“.
In jedem von uns stecken viele Kräfte, die sich manchmal gerade bei solchen Veränderungen in Krisenzeiten zeigen. Es ist ein Zeichen von Stärke sich Hilfe zu suchen oder angebotene Hilfe anzunehmen. Neben Freunden/Freundinnen und Familie können das auch Vertraute aus der Schule oder die Beratungsstellen sein.


… was denken die Anderen?

… verliere ich meinen Freundeskreis?

Angst vor der Reaktion des Umfelds

Betroffenen kann es schwerfallen vor anderen offen zu legen, was zur Trennung geführt hat – gerade dann, wenn das eigene Leiden vielleicht vor anderen verborgen/heruntergespielt wurde. Dabei bekommt das Umfeld manchmal mehr mit, als die Betroffenen ahnen und reagieren in der Regel sehr unterstützend. Weiterlesen

Manche haben vielleicht ähnliche Erfahrungen gemacht. Denn: Jedem und jeder kann es passieren, in die Lage zu kommen, dass es in der Paarbeziehung zu körperlicher oder psychischer Gewalt kommt! Auch ist es völlig normal, dass sich diese Verhaltensweisen erst nach einer Weile zeigen bzw. es erst einmal Zeit braucht zu realisieren, dass die andere Person sich nicht (mehr) angemessen und respektvoll verhält. Nicht normal ist allein die Tatsache, dass jemand Grenzen missachtet und in der Partnerschaft Gewalt ausübt! Betroffene sind auch nie Schuld an der Situation, sondern die Verantwortung liegt allein bei der Person, die Gewalt ausübt.


… rastet er/sie dann aus?

… redet er/sie schlecht über mich?

… schickt er/sie Fotos von mir weiter?

…wird er/sie meine Geheimnisse weitersagen?

Angst vor der Reaktion des (Ex-)Partners/ der (Ex-)Partnerin

Nachdem es schon negative Erfahrungen zum Verhalten des Partners/ der Partnerin gibt, sorgen sich Betroffene, wie die Person auf die Trennung reagiert, z. B. impulsiv oder aggressiv und evtl. mit Rache. Hier hilft eine gute Vorbereitung, unterstützt durch nahestehende Menschen. Weiterlesen

Manchmal scheint es so, als ob die/der sich trennende Jugendliche gerade alleine dasteht, weil sich durch die Beziehung der Kontakt zu alten Freundschaften verändert hat. Hier kann und sollte ein Neustart gesucht bzw. angeboten werden. Vertraute Menschen aus dem Umfeld können mitüberlegen und dabei helfen, wie die Sicherheit gewährleistet ist. Fragen, die zu klären sind, sind z. B.: Wie soll die Situation sein, wenn die Trennung ausgesprochen wird? Wer soll Bescheid wissen und zu welchem Zeitpunkt? Was ist im Bereich Kontaktmöglichkeit, Handynummer und sozialen Medien zu beachten? Neben Freunden und Familie können Vertrauenspersonen aus der Schule, Beratungslehrkräfte und schulische Sozialarbeiter(-innen) sowie Beratungsstellen dabei unterstützen mit Belastungen und Sorgen umzugehen.


Gründe zu gehen für Jugendliche

Jeder Mensch hat das Recht auf eine gewaltfreie Beziehung. Jedoch kann die Loslösung aus einer gewaltgeprägten Beziehung mit verschiedenen Sorgen verbunden sein. Es gibt viele Gedanken und Gefühle, die dabei helfen und ihnen etwas entgegensetzen können. In der Trennungssituation können folgende Aussagen stärkend wirken:

Ich gehe, weil …

meine Freunde und Familie für mich da sind und mich bei einer Trennung unterstützen.

ich mich in meiner Beziehung nicht verstanden fühle.

ich mich eingeengt und kontrolliert fühle.

ich mich gezwungen fühle, Dinge zu tun, die ich nicht mag.

ich seit meiner Beziehung ständig traurig bin.

ich nicht mehr ich selbst sein kann.

ich jemanden verdiene, der mich respektiert.

es keine Liebe ist, wenn mich jemand absichtlich verletzt.

Diese Aussagen haben gemeinsam, dass sie bei den zentralen Bedürfnissen ansetzen, die verletzt wurden. Das eigene emotionale Wohlbefinden, die Wahrung der eigenen Rechte überwiegen und werden aktiv in den Fokus genommen. Es ist wichtig und richtig, auf sich zu achten und für sich zu sorgen. Es geht dabei um das Selbstwertempfinden und die Selbstachtung, die (wieder mehr) bedeutsam sind. Weiterlesen

Die Auseinandersetzung damit, was nicht guttut und dass jegliche Gewalt mit Beziehung und Liebe nichts zu tun hat, öffnet den Blick und erweitert die Handlungsspielräume. Wenn die Entscheidung für eine Trennung fällt, werden eigene Ressourcen aktiviert.
Das Umfeld kann hier sehr gut unterstützen und diese Aspekte bestärken. Dies kann durch Gespräche geschehen. Durch die Unterstützung erlebt die sich trennende Person, wie wertvoll sie für das Umfeld ist. In allen Phasen – Sorgen vor einer Trennung, Vorbereitung und Umsetzung und die Zeit im Anschluss – haben Freunde/Freundinnen, Familie und andere Bezugspersonen einen großen Anteil in der Bewältigung. Auch Beratung, wie z. B. Beratungslehrkräfte oder schulische Sozialarbeit sowie Fachberatungsstellen können diesen Prozess kompetent begleiten und zur Stabilisierung und Selbstachtung beitragen.

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Ängste und Sorgen von Erwachsenen

Die Entscheidung für eine Trennung kann mit vielfältigen Ängsten und Sorgen verbunden und nicht leicht sein – vor allem dann, wenn sie in der Beziehung physische und/oder psychische Gewalt erfahren haben.

Oft wissen Betroffene ganz klar, dass Gewalt nicht richtig ist und ihnen die Partnerschaft nicht guttut. In diesen Momenten können ihnen jedoch verschiedene Gedanken durch den Kopf gehen:


Wenn ich mich trenne, …

… was denken die anderen?

… habe ich versagt?

… glaubt man mir, was ich erlebt habe?

… nehme ich meinen Kindern einen Elternteil weg?

…zerstöre ich meine Familie?

Angst vor Vorwürfen

Gewalttäter und Gewalttäterinnen im Kontext von (Ex-)Partnerschaftsgewalt sind oft Experten darin, der Außenwelt eine charmante, kompetente Persönlichkeit vorzuspielen. Die Betroffenen und die Gewalttäter(-innen) werden oft als „perfektes Paar“ oder mit Kindern als „perfekte Familie“ wahrgenommen. Vielen Betroffenen ist es sehr wichtig, dieses Bild aufrecht zu erhalten – sowohl innerhalb der Familie als auch nach außen. Weiterlesen

Sie schämen sich dafür, schlecht behandelt zu werden und können die Misshandlung weder vor sich selbst anerkennen und schon gar nicht anderen Menschen gegenüber zugeben. Wenn sie ihrem Umfeld dann doch von Gewalterfahrungen durch ihren Partner / ihre Partnerin berichten, treffen sie oft auf Unverständnis.
Hinzu kommt in vielen Fällen, dass Beziehungs-, Sorge- und Hausarbeit immer noch hauptsächlich in der Verantwortung von Frauen liegt, sodass eine Trennung oft als persönliches Versagen wahrgenommen wird.


… redet man schlecht über mich?

… verliere ich mein soziales Umfeld?

… was werden Nachbarn und Freunde denken?

Angst vor Rufschädigung

Gezielte Rufmord-Kampagnen durch die Gewalt ausübende Person können Teil der psychischen Gewalt sein und führen oft zu einer sozialen Isolation der Betroffenen. Und sie beginnen meist schon in der Partnerschaft. Weiterlesen

Die Gewalt ausübende Person stellt die betroffene Person im Umfeld als psychisch labil / psychisch krank, hysterisch oder krankhaft eifersüchtig dar, rückt sich selbst in die Opferrolle oder präsentiert sich als besorgter Partner / besorgte Partnerin, der/die um das Wohlergehen der betroffenen Person bemüht ist.
Durch die andauernden Gewalterfahrungen erleben viele Betroffene tatsächlich mit der Zeit Wesensveränderungen und bauen stark ab. Diese Entwicklung spielt der Gewalt ausübenden Person in die Karten und führt dazu, dass Betroffene sozial isoliert sind und kaum noch Kontakte zu Freundeskreis und Familie haben. So wird es noch schwieriger, sich zu trennen, weil, aufgrund der „Vorarbeit“ der Gewalt ausübenden Person, niemand zur Unterstützung da ist – weder emotional noch praktisch.


… wie soll ich ohne ihn/sie zurechtkommen?

… bleibe ich für immer alleine?

… finde ich je wieder einen Partner / eine Partnerin?

Angst vor dem Alleinsein

Gab es über einen langen Zeitraum psychische Gewalt in der Beziehung, ist die Chance sehr hoch, dass Betroffene ihre Selbstwirksamkeit stark unterschätzen: Permanente Abwertung nagt am Selbstbewusstsein und verhindert, dass die eigenen Fähigkeiten und der eigene Wert klargesehen werden können. Weiterlesen

So kommt schnell der Gedanke auf, dass es ohne den Partner / die Partnerin nicht geht und man nie wieder einen neuen Partner / eine neue Partnerin finden wird.
Gab es zusätzlich ein starkes Abhängigkeitsverhältnis – z.B. finanziell oder emotional – und ist die betroffene Person durch die Gewalt ausübende Person sozial isoliert worden, bricht mit der Trennung tatsächlich ein großer Teil Stabilität weg.


… wie soll ich für mich (und meine Kinder) finanziell sorgen?

… nimmt man mir die Kinder weg?

… wie wird die Wohnsituation sein?

… werden die Kinder darunter leiden?

Kinder als Druckmittel

Frauen mit Kindern haben es besonders schwer, weil sie meist finanziell schlechter gestellt sind als ihre Partner und nach einer Trennung einen finanziellen und sozialen Abstieg fürchten müssen. So bedeutet eine Trennung oft den Auszug aus der Wohnung/dem Haus, weil die Finanzierung nicht möglich ist. Weiterlesen

Leben die Kinder nach der Trennung bei der Betroffenen kann in vielen Fällen nicht oder nicht in Vollzeit gearbeitet werden. So bleiben die finanziellen Mittel längerfristig eingeschränkt, während die Verantwortung für die Kindererziehung und Alltagsgestaltung nun allein getragen werden muss. Dieser Stressfaktor ist nicht zu unterschätzen.
Viele Gewalttäter(-innen) nutzen gemeinsame Kinder zudem als Druckmittel, um die Betroffenen in der Gewaltbeziehung zu halten. Drohungen wie „Du kannst gehen, aber meine Kinder bleiben hier“, „Ich werde dafür sorgen, dass du die Kinder nie wiedersiehst“ oder „Ich setze mich mit den Kindern ins Ausland ab“ kennen viele Betroffene und hindern sie daran, die Gewaltbeziehung zu verlassen.


… werde ich in Ruhe gelassen?

… tut er/sie sich etwas an?

… rastet er/sie dann aus?

… tut er/sie mir oder den Kindern etwas an?

Angst vor dem Verhalten des Ex-Partners

Die Trennung und das „klärende Gespräch“ sind besonders gefährlich für viele Betroffene, wenn es bereits Gewalt in der Partnerschaft gegeben hat. Die meisten

hier: die Tötung einer Frau durch ihren (Ex-)Partner)

hier: eine Selbsttötung, die zuvor mit der Tötung einer (Ex-)Partnerin bzw. eines (Ex-)Partners einhergeht

finden in diesen Momenten statt. Die Sorge vor einer Gewalteskalation ist also durchaus berechtigt. Weiterlesen

Mit der Trennung ist das gewaltfreie Leben noch lange nicht sichergestellt. Viele Betroffene erleben noch lange nach der Trennung weiterhin Gewalt durch den Ex-Partner / die Ex-Partnerin in Form von körperlichen Übergriffen bei zufälligen Begegnungen oder bei Umgangskontakten mit den gemeinsamen Kindern, Stalking (z.B. auch im digitalen Raum) und fortgesetzter psychischer Gewalt.
Da nach der Trennung der Zugriff auf die Betroffenen nicht mehr so leicht ist, verschiebt sich viel in den digitalen Raum: über Telefon, SMS/Nachrichten, E-Mail und soziale Medien (z.T. mit verdeckten / unbekannten Nummern oder eigens dafür eingerichteten E-Mailadressen oder Fake-Profilen) wird mit Drohungen und Beleidigungen die Atmosphäre der Angst aufrechterhalten. Viele Betroffene, die in einer eigenen Beziehung oder in ihrer Elternbeziehung Partnerschaftsgewalt (mit-)erlebt haben, nehmen Gewalt als natürlichen Teil von Beziehungen war, weil ihnen „gesunde“ Beziehungsvorbilder fehlen, und können Gewalthandlung – besonders psychische Gewalt – oftmals nur schwer erkennen und einordnen („Er hat mich ja nicht geschlagen“ oder „Frauen können keine Gewalttäter sein“). So wächst die Gefahr, dass Betroffene, auch nach der Trennung von der Gewalt ausübenden Person, immer wieder in Gewaltbeziehungen landen.


… schickt er/sie Fotos von mir weiter?

Angst vor Missbrauch von Fotos/Videos

Während der Beziehung im Einverständnis aufgenommene intime Bilder und Videos können von der Gewalt ausübenden Person sowohl als Druckmittel gegen den Trennungswunsch (Drohung der Veröffentlichung bei Trennung) oder als Ventil für Wut und Frust (Rachepornos / revenge porn, auch gepaart mit Doxing – also der zusätzlichen Veröffentlichung von Klarnamen, Kontaktdaten, Links zu Social Media Profilen, etc.) missbraucht werden. Bei einmal ins Netz gestellten Bildern ist es nahezu unmöglich, sie wieder komplett zu entfernen.


Gründe zu gehen für Erwachsene

Die Ängste und Sorgen Jugendlicher sowie Erwachsener haben gemein, dass zentrale Bedürfnisse verletzt wurden. Bei Erwachsenen kommen grundsätzlich aber auch substanzielle Zukunftssorgen bezüglich gemeinsamen Wohneigentums oder gemeinsamer Kinder hinzu, die verstärkend wirken und die Betroffenen zum Bleiben anhalten, anstatt sich zu trennen. Dennoch gibt es Hoffnung und Wege zur Veränderung. Diese Aussagen können dabei helfen:

Ich gehe, weil …

ich eine liebevolle Partnerschaft verdiene.

ich ein selbstbestimmtes Leben führen will.

ich nicht alleine bin. Ich bekomme Hilfe und Unterstützung, wenn ich dafür bereit bin.

ich das Recht auf ein Leben ohne Gewalt habe.

ich stark bin. Ich schaffe das.

ich für mich (und meine Kinder) sorgen kann.

meine Kinder mit Liebe aufwachsen und nie wieder diese Gewalt erleben sollen.

Insbesondere in toxischen Beziehungen, denen suchtähnlichen Mechanismen innewohnen, kann die Trennung mit einem Entzug von einem Suchtmittel verglichen werden. Dabei können selbst die Gedanken an eine Trennung „Entzugserscheinungen“ in Form intensiver Ängste und Sorgen auslösen. Weiterlesen

Aber auch in allen anderen Arten von Beziehungen, die von Gewalt geprägt sind, können die Gründe für eine bisher ausgebliebene Trennung vielfältig sein. Daher ist auch verständlich, warum die Gründe, die für eine Trennung sprechen, zunächst wie an einem abzuprallen scheinen, selbst, wenn wir uns dieser Gründe bewusst sein. Die Entscheidung sich zu trennen bedeutet, dass man frei von den Fesseln der Vergangenheit und den Ängsten der Gegenwart sein kann. Jeder verdient es, in Sicherheit und Frieden zu leben. Daher ist die Entscheidung, sich zu trennen, ein Akt der Selbstachtung und des Selbstschutzes. Man erkennt seine eigene Stärke. Es ist eine Entscheidung für die Zukunft, für ein Leben voller Möglichkeiten und ohne Angst.